Religion

Um die Bewohner eines Landes besser verstehen zu können, um ihr Verhalten, ihre Bräuche, ihre Denkweise besser zu begreifen, muss man auch ihre Religion kennen.

Staatsreligion in Tunesien ist der Islam. Über 95% der Einwohner, denen laut Verfassung Religionsfreiheit zusteht, sind Moslems und bekennen sich zur sunnitischen Lehre. Daneben gibt es noch eine kleine jüdische Gemeinde, eine Minderheit von Katholiken und kleine, protestantische und griechisch-orthodoxe Gruppen.

Muslime glauben an den einzigen Gott Allah und seinen Propheten Mohammed, ihr Gotteshaus ist die Moschee, und statt Kirchenglocken ruft der Muezzin vom Minarett zum Gebet. – Mohammed wurde um das Jahr 571 in Mekka geboren. Etwa in seinem vierzigsten Lebensjahr erlebte er eine Vision, in der ihm der Engel Gabriel auftrug, die Lehre Allahs zu verkünden und zu verbreiten. Alle göttlichen Offenbarungen und Eingebungen, die Mohammed in seinen Visionen erhielt, wurden von seinem Schreiber in arabischer Sprache notiert und später im Koran, dem heiligen Buch des Islam, in Form von 114 Suren gesammelt.

Die Fünf Säulen

Der Islam legt fünf grundsätzliche Pflichten fest, die alle Muslime einzuhalten haben und die das Gebäude oder die Säulen seines Glaubens ausmachen. Dabei handelt es sich um:

  1. Den Glauben an die Einheit Allahs und das Ablegen des Bekenntnisses zu diesem Glauben mit den folgenden Worten: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und ich bezeuge, dass Muhammad Sein Diener und Sein Gesandter ist.“
  2. Die fünf täglichen Gebete vor Sonnenaufgang, zur Mittagszeit, am Nachmittag, nach Sonnenuntergang und in der Nacht. Diese fünf täglichen Gebete helfen dem Muslim, sich im Alltagsleben ständig der Gegenwart Allahs bewusst zu sein. Diese Gebete sind eine ständige Erinnerung des Betenden an die Allgegenwärtigkeit und Allmacht Allahs und sie helfen dem Betenden dabei, nicht vom rechten Pfad abzuweichen.
  3. Die Wohltätigkeit gegenüber den Mitmenschen. Der Islam legt großen Wert auf Großzügigkeit und Mildtätigkeit als Mittel zur Läuterung der eigenen Seele und zur Annäherung an Allah. Dem Muslim ist auferlegt, freiwillige Gaben zu verteilen, wenn immer es ihm möglich ist; doch ist es davon abgesehen seine Pflicht, einmal jährlich eine Almosen-Steuer von etwa 2.5 Prozent seines Kapitalvermögens zu geben, die an Arme und Bedürftige etc. geht. Die Zakat (Almosen-Steuer) versetzt auf diese Weise die Muslim-Gemeinde in die Lage, sich all ihrer Mitglieder anzunehmen und zu gewährleisten, dass niemand des grundsätzlichen Rechts auf ein menschenwürdiges Dasein beraubt wird.
  4. Das Fasten während des Ramadan, dem neunten Monat im islamischen Kalender. Dieses Fasten ist allen Muslimen vorgeschrieben, die gesund sind und das Reifestadium erreicht haben, sofern sie nicht von der Einhaltung des Fastens durch verschiedene Umstände wie eine Reise, hohes Alter, Krankheit, geistige Unzurechnungsfähigkeit oder bei Frauen durch Menstruation, Schwangerschaft oder Stillen abgehalten werden. Das Fasten im Ramadan beginnt vor Anbruch der Morgendämmerung und dauert bis nach Sonnenuntergang. Während dieser Zeit enthält sich der Muslim des Essens, Trinkens von Wasser oder anderen Getränken, des Geschlechtsverkehrs mit seinem Ehepartner und des Rauchens. Das Fasten lehrt den Muslim Selbstdisziplin und Beherrschung und läutert gleichzeitig Seele und Körper, und es stärkt das Gottesbewusstsein.
  5. Die Pilgerfahrt nach Mekka: Diese Pilgerfahrt ist allen Muslimen zumindest einmal im Leben zur Pflicht gemacht, sofern sie gesund sind und die finanziellen Mittel dafür aufbringen können. Die jährliche Wallfahrt nach Mekka ist eines der größten Ereignisse in der islamischen Welt, weil sie Muslime aller Länder der Erde zusammenführt. Dieses große Erlebnis im Leben eines Muslims hilft ihm gleichfalls, Allah näher zu kommen.

Die Befolgung der religiösen Vorschriften durch die Bevölkerung ist – wie auch in anderen Religionen – unterschiedlich. Sie ist im Koran recht tolerant vorgegeben und darf den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden.

Vor allem in den ländlichen Gebieten finden sich ferner noch Spuren alten Volksglaubens zwischen der islamischen Lehre. Gute und böse Geister scheint es noch zu geben – wozu wären sonst die zahlreichen Amulette, die symbolischen Motive gegen den ‘bösen Blick’ auf Teppichen, auf Keramik, an Hauswänden? Fatimas Hand oder das Fischsymbol schützt ebenso vor fremden Zaubermächten wie die Verwendung des Farbstoffs Henna.