Abschied von der Wüste – Aufbruch ins neue Jahr

Die Spuren verwehen, aber die Richtung bleibt im Herzen.“ (Beduinisches Sprichwort)

Der Morgen dämmert über den Dünen. Ein letzter Wind streicht durch das Tal, hebt ein paar Körner Sand in die Luft und legt sie wieder leise ab – als wolle die Wüste noch einmal atmen, bevor der Reisende geht. Die Sonne steigt wie gewohnt, ruhig und unbeirrbar, über den Horizont. Alles ist still. Nur das leise Schnauben der Dromedare, das Knistern der Glut im Feuer und der Ruf eines Falken begleiten den Beginn dieses Tages.

Der Reisende steht auf der höchsten Düne und blickt zurück. Dort unten liegen die Spuren seiner Karawane – teils verweht, teils noch sichtbar. Jede erzählt von einer Etappe seines Weges: vom Sturm, der ihn prüfen wollte; vom Feuer, das ihn wärmte; von der Oase, die ihn stärkte. Er denkt an die Menschen, denen er begegnet ist, an die Stille, die ihn gelehrt hat zu hören, und an das Licht, das er in sich selbst gefunden hat.

„Am Ende aller Wege wirst du nicht fragen: Wo war ich? Sondern: Bin ich geworden, wer ich bin?“ (Khalil Gibran)

Ein Beduine tritt zu ihm. „Du hast nun die Sprache der Wüste gelernt“, sagt er. „Nicht mit Worten – sondern mit dem Herzen. Die Wüste hat dich geprüft und beschenkt. Nimm ihre Weisheit mit: die Geduld des Sandes, die Klarheit des Himmels und die Kraft, im Nichts das Wesentliche zu finden.“

Der Reisende nickt. „Und was mache ich, wenn ich zurück bin – dort, wo wieder alles laut ist?“

Der Beduine lächelt. „Dann erinnere dich an die Stille, die du hier gefunden hast. Die Wüste geht mit dir – in deinem Atem, in deinem Blick, in deiner Art, das Leben zu sehen.“

„Gestern war ich klug und wollte die Welt verändern. Heute bin ich weise und verändere mich selbst.“ (Rumi)

Mit diesen Abschiedsworten macht sich der Beduine auf den Weg zu seinen Kamelen und im nächsten Moment schon bricht die Karawane auf. Und bald schon verschwinden die Spuren der Dromedare im Wind.

Der Reisende dagegen macht sich auf und kehrt zurück in seine Lebenswelt.

Doch in seinem Inneren bleibt etwas, das sich nicht verwehen lässt: ein neuer Frieden, ein Vertrauen, dass jeder Schritt – ob in der Wüste oder im Leben – Teil eines größeren Weges ist.

‚Wer die Stille der Wüste in sich trägt, findet auch im Lärm der Welt den Weg. Der Aufbruch aus der Wüste ist kein Abschied – sondern ein Anfang.‘

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