Leben – Liebe – Tod

Die Teezeremonie ist ein fester Bestandteil des Alltags in der Wüste. Mehrmals am Tag wird grüner Tee mit Minze zubereitet und in fast fingerhutkleinen Gläschen in die Runde gereicht. Und so wird’s gemacht: Zu Beginn der Teezubereitung werden die trockenen grünen Teeblätter in der Kanne mit heißem Wasser aufgefüllt und mit Zucker versetzt. Nach etwa einer Minute wird ein Glas halbvoll mit Tee gefüllt und beiseitegestellt. In die Kanne kommen ein weiteres Stück Zucker und eventuell frische Minzblätter. Die wesentliche Prozedur ist das folgende Einfüllen des Tees aus großer Höhe in ein Glas und Zurückleeren in die Kanne. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis sich im Glas eine hohe Schaumschicht gebildet hat. Zwischendurch muss mehrfach probiert und nachgesüßt werden. Erst wenn die Geschmacksprobe zufriedenstellend war, erhält jeder ein Glas. Auf der Flüssigkeit sitzt ein ebenso hoher Schaumberg. Üblicherweise werden drei Gläser angeboten – nach dem weit verbreiteten Motto: ‚Das erste Glas ist bitter wie das Leben, das zweite stark wie die Liebe und das dritte sanft wie der Tod‘.

Tröstliche Verkettung

Man kann sich die Weiten und Möglichkeiten des Lebens gar nicht unerschöpflich genug denken. Kein Schicksal, keine Absage, keine Not ist einfach aussichtslos; irgendwo kann das härteste Gestrüpp es zu Blättern bringen, zu einer Blüte, zu einer Frucht. Und irgendwo wird auch schon ein Insekt sein, das aus dieser Blüte Reichtum trägt, oder ein Hunger, dem diese Frucht willkommen ist. Und sollte sie bitter sein, so wird sie doch zumindest einem Auge erstaunlich gewesen sein und wird ihm Lust gemacht haben und Neugier nach Formen und Farben und Hervorbringungen des Dickichts; und sollte sie abfallen, so fällt sie in die Fülle des Künftigen und trägt noch in ihrem letzten Zerfall dazu bei, es reicher, bunter, drängender und wachsender zu machen.

(Rainer Maria Rilke)

Funke

Jeder Einzelne von uns besitzt einen göttlichen Funken, doch nicht jeder fördert ihn bestmöglich zutage. Der Funken gleicht dem Diamanten; dieser kann seinen Glanz nicht verbreiten, wenn er im Erdreich begraben ist. Aber in jedem von uns ist Licht wie von einem Diamanten, sobald man es in der geeigneten Fassung zum Erstrahlen bringt.

(Chassidische Weisheit)

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