17. Dezember

Spüre die Leidenschaft der Wüste: Feuer und Glut

‚Und jeden Tag stieg die selbe unerbittliche Sonne am Himmel auf, um der Erde ihre letzte Feuchtigkeit zu entziehen und ihr eifersüchtig zu verbieten, außerhalb ihrer eigenen launischen Spiele in den opalen Morgen- und den purpurn vergoldeten Abendstunden ein eigenes Leben zu führen. Ich beobachtete den endlos fließenden Sand der Düne, wie weiße Wellen eines stillen Ozeans. Ja, ich liebe dieses Land aus Sand und Stein. Dort gibt es Landschaften, die der Tyrannei der Zeit zu entrinnen scheinen und sich fast unberührt erhalten: Sie allein sind in der Lage, auch den mattesten Seelen jenen Schauder und jene Trunkenheit zu geben, die sie auf immer verloren glaubten.‘ (Isabelle Eberhardt)

‘Eines Nachts setzte sich der Meister mit seinen Schülern zusammen und bat sie, ein Feuer anzuzünden. ‘Der spirituelle Weg gleicht dem Feuer, das vor uns brennt’, sagte er. ‘Der Mensch, der es anfachen will, muss den anfänglichen Rauch in Kauf nehmen, der einem das Atmen erschwert und Tränen in die Augen treibt. Brennt das Feuer jedoch einmal, verschwindet der Rauch, und die Flammen erleuchten alles ringsum, schenken uns Behaglichkeit und Frieden.’ ‘Aber es könnte doch jemand anderes das Feuer für uns anfachen’, meinte einer der Schüler. ‘Und jemand uns zeigen, wie man es anstellt, dass kein Rauch entsteht.’ ‘Tut er dies, ist er ein falscher Meister. Er kann das Feuer hintragen, wohin er will, oder es löschen, wann er will. Da er aber niemanden gelehrt hat, wie es angezündet wird, kann es gut sein, dass alle im Dunkeln bleiben.’ (Paulo Coelho)

Wie oft habe ich am frühen Morgen in den purpurnen Osten geblickt, der strahlenreicher flammte als ein Glorienschein – wie oft habe ich am Oasensaum, wo die letzten Palmen hinwelken und die Wüste über das leben siegt, mich gegen den Quell des Lichts geneigt, der das Auge schon unerträglich blendete, und meine sehnsüchtigen Wünsche zu dir schweifen lassen. Du weite Ebene, von Licht übergossen und von sengender Hitze. Welche Begeisterung wäre stark genug, welche Sehnsucht tief genug, welche Liebe glühend genug, um die Glut der Wüste zu überbieten? Herbes Land, Land ohne Güte, ohne Milde, Land des Durstes, der Inbrunst; Land der Propheten; Land des Leides, Land der Extaste – ach Wüste! Ich habe dich bis zur Verzweiflung geliebt. Ich liebte dich, wenn die weißen Krusten auf den Schotts, die reich an Luftspiegelungen sind, das Aussehen von Wasser annehmen. Ich liebte dich, wenn die Berge unter den schrägen Morgenstrahlen rötlich leuchteten, wie eine feuerflüssige Masse. Ich liebte dich, wenn der Wind vom fernen Horizont den Sand aufwühlte, bis die Oase keuchte. Ich liebte deine Abende, von denen keine anderen Lieder erzählen, als das schrille Zirpen der Insekten. (André Gide)

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