Staunen über die kleinen Wunder des Lebens

„Wunder geschehen, wenn wir mit offenen Augen sehen.“ (Unbekannt)
Die Nacht liegt still über der Wüste. Nur der Wind streicht leise über die Dünen. In der Ferne ruft ein Schakal, und ein Wüstenfuchs huscht zwischen den Schatten hindurch. Die Kamele werden unruhig, schnauben leise, als spürten sie, dass das Leben hier nie ganz ruht.

Am Morgen, wenn das erste Licht über den Horizont fließt, entdeckt der Reisende Spuren im Sand – zarte Zeichen des nächtlichen Lebens, die bald vom Wind verweht sein werden. Er wandert weiter, den Blick auf den Boden gerichtet, als plötzlich ein winziger Farbtupfer seine Aufmerksamkeit fesselt: eine einzelne Blume, die sich trotzig durch den Sand gekämpft hat. Ihre Blüte leuchtet in der Sonne wie ein Versprechen.

„Ein einziges Gänseblümchen kann ein ganzes Herz erhellen.“ (Christian Morgenstern)
„Wie kannst du hier blühen, wo doch alles verdorrt?“, fragt der Reisende leise.
Ein Beduine, der neben ihm geht, lächelt. „Die Wüste kennt ihr eigenes Maß“, sagt er. „Sie schenkt wenig, aber das Wenige ist kostbar. Eine Blume in der Wüste ist ein Wunder, weil sie nicht selbstverständlich ist. Wer sie sieht, hält inne – und wird still.“

„Wer das Kleine ehrt, dem wird das Große geschenkt.“ (Franz von Assisi)
Am Abend färbt der Sonnenuntergang die Blüten der Akazien rosa. Der Reisende spürt, wie seine Sinne wach werden: das Spiel des Lichts, der Duft des trockenen Holzes, das Rascheln des Windes. Er denkt an die Überfülle seines Lebens daheim – an die ständige Ablenkung, die lauten Reize, die vielen Dinge, die er kaum noch wahrnimmt. Hier, in der Stille, lernt er wieder zu sehen.
‚In der Wüste ist selbst eine einzelne Blume ein Geschenk. Wer lernt, das Kleine zu schätzen, erkennt den Wert des Lebens neu. Dankbarkeit wächst dort, wo die Sinne still werden und das Herz wieder staunen darf.‘

