22. Dezember

Lass dich vom Leben beschenken

Aus der christlichen Überlieferung kennen wir sie als die ‘Heiligen drei Könige’. Sie repräsentieren die Könige der Völker und huldigen dem wahren König im Kind von Betlehem. Oft werden sie auch Magier genannt. Als solche sind sie Träger eines Bundes mit Gott, die sein himmlisches Zeichen deuten und aufbrechen zum noch unbekannten Zielort. Und als die Weisen aus dem Morgenland vertrauen sie sich der Führung Gottes und seines Sterns an. Sie machen dabei die überraschende Entdeckung: Was der Stern sagt, erweist sich auf Erden als wahr, wenn auch anders als sie es sich vorgestellt hatten. Wie immer wir die Sterndeuter nennen – die Erzählung spricht von einer tiefen Sehnsucht des Menschen nach einem Leben, in dem wir sein können, wie wir wirklich sind. Die Sehnsucht der Sterndeuter wird nicht gleich erfüllt. Sie suchen und fragen, verirren sich und müssen sich mit einer Welt auseinander setzen, die auch uns hinreichend bekannt ist. Die Sterndeuter entdecken inmitten der Dunkelheit einen Stern, ihre Sehnsucht findet eine Orientierung. Geleitet vom Stern, brechen sie aus ihrem gewohnten und gesicherten Lebensalltag auf, geben ihrer Sehnsucht Raum und begeben sich auf eine Pilgerreise durch Wüste und Einsamkeit, setzen sich dem Zweifel aus bis zu dem Ort, den der Stern ihnen zeigt. Er beleuchtet eine dunkle Szene, in der sie neues Leben erkennen. Es wird erzählt, die Sterndeuter hätten drei Geschenke mitgebracht: Gold, Weihrauch und Myrrhe – eine dreifache Botschaft. Gold: der Mensch ist wertvoller als alles andere auf Erden. In jedem Menschen gibt es dieses ‘Gold’, seine Würde und Einmaligkeit, seine Freiheit und Verantwortung zu entdecken. Weihrauch: das Zeichen der Sehnsucht, die sich ausbreitet und erhebt, indem sie nach Sinn fragt und sucht und wahrhaft neues leben gestaltet. Myrrhe: Symbol der Linderung von Schmerz und Leid, der menschlichen Begrenztheit, Schwäche und Angst. Sie erinnert daran, die eigenen Schwächen und die anderer zu tragen und Barmherzigkeit zu leben.

‘Jede Reise, die uns in die Wüste führt, ist eine Reise weit fort von unserem alltäglichen Erleben, fort von einem Leben, das häufig geprägt ist von Verpflichtungen, Verantwortlichkeit und Zeitdruck. Nur selten finden wir Muße, innezuhalten und uns umzusehen, wo wir uns eigentlich befinden, wo unser Herz, unsere Seele zu Hause sind. Und finden wir gelegentlich doch einen Augenblick der Ruhe und Besinnung, stellen wir oft mit Schrecken fest, dass wir uns verlaufen haben und unser Leben in eine Sackgasse geraten ist. Wir besitzen keinen Plan mehr, wie es mit uns weitergehen soll. Wir haben die Orientierung verloren wie der Wanderer oder Sterndeuter, der plötzlich stirnrunzelnd innehält und sich suchend umsieht. Aber wir haben selten Zeit genug, lange einzuhalten und uns zu orientieren. Verwirrt verweilen wir einen Augenblick am Rand unseres Alltags; dann aber müssen wir weiter, denn wir sind davon überzeugt: Das Leben hält nicht still für uns.’ (Jürgen Müller)

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