Ankunft an der Krippe – das Ende unseres Weges?
‚Wer gibt mir die schweigenden Nächte zurück, die müßigen Streifzüge durch die salzigen Ebenen? Ich liebe diesen Ort, ich liebe das Leben des Orients, es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass es zu Ende ist.‘
(Isabelle Eberhardt)
Die Wüste ist kein Platz, an dem wir dauerhaft verweilen können. Aufbruch und Abschied, Unterwegssein von einem Ort zum nächsten ist die der Wüste gemäße Lebensart. In der Wüste gibt es keinen Stillstand. In der Wüste sein, heißt immer auf Reisen sein.
Und wie jede andere Reise auch, findet die spirituelle Wüstenreise durch den Advent schließlich ihr Ende. Und das ist auch gut so. Wir stehen in unserer eigenen Welt, in unserem Alltag, der oft so völlig anders ist als all die Tage in der besinnlichen Weihnachtszeit. Doch vielleicht spüren wir, dass die spirituelle ‘Reise durch die Wüste’ uns ein wenig verändert hat, Spuren in uns hinterlassen hat. Noch sind diese adventlichen Spuren nicht verwischt, noch sind unsere Sinne geschärft, und die Eindrücke frisch: sowohl in unserem Gedächtnis als auch in unserem Körper. Gleichzeitig spürt man vielleicht auch die Sorge, dass all das, was wir als wichtig erkannt haben, vom Alltag verweht wird. Wir befürchten, dass die Spuren, die wir in unserer Seele gelegt haben, vom Geröll des täglichen Einerleis allmählich verschüttet werden. Der Alltag hat uns wieder, die Reise im Advent ist zu Ende. Aber muss deshalb unsere innere Reise zwangsweise auch zu Ende sein? Nein – denn Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen. Im Advent sind wir einen Weg gegangen, haben uns einen Weg durch die Wüste erwandert, auch einen Weg zu uns selbst. Und wenn der Weg durch die Weihnachtszeit auch sein Ende gefunden hat, so heißt das noch lange nicht, dass unser innerer Weg ebenfalls an ein Ende gekommen ist. Es gibt keinen Grund, innezuhalten. Gehen wir einfach weiter, so wird ein neuer Weg entstehen.
So muss es sein. So werden wir es immer machen! Wir sind immer unterwegs. (Ingeborg Bachmann)