Der Brunnen im Sand – Spiegel des Lebens

Wasser als Spiegel der Seele und Quelle des Lebens

‚Der Brunnen ist nicht nur eine Quelle des Wassers, sondern auch der Weisheit.‘ (Unbekannt)

Nach vielen Tagen des Wanderns fand der Mann einen Brunnen mitten im Sand. Er war alt, aus Steinen gefasst, die von der Sonne gegerbt waren. Kein Mensch war zu sehen. Nur das leise Glitzern der Tiefe. Er beugte sich hinunter, um zu sehen, ob dort wirklich Wasser war. Zuerst sah er nur Dunkel. Dann, als der Wind sich legte, spiegelte sich sein Gesicht auf der glatten Fläche — fremd und vertraut zugleich. Er blieb lange so, den Blick auf die Tiefe gerichtet.

‚Das Wasser spiegelt, was in uns lebt. Wer in die Tiefe blickt, erkennt, dass alles Leben aus derselben Quelle kommt.‘

Da begann er zu begreifen: Das Wasser zeigte nicht nur sein Gesicht, sondern auch das, was darunter ruhte – Müdigkeit, Sehnsucht, ein stilles Licht. Er zog einen Eimer Wasser hinauf, schöpfte mit den Händen das klare Nass und trank. Das Wasser war kühl, aber es stillte mehr als seinen Durst. Es erinnerte ihn daran, dass alles Leben aus der Tiefe kommt — und dass das, was wir trinken, uns formt. Er setzte sich an den Rand des Brunnens und sah, wie der Himmel sich im Wasser spiegelte.

„Vielleicht“, dachte er, „spiegelt das Wasser nicht uns, sondern das Leben selbst. Es zeigt, was wir vergessen haben: dass Tiefe still ist, und dass das, was wir nehmen, in uns weiterfließt.“ Dann stand er auf, dankte dem Brunnen und ging weiter in die Weite der Wüste. In seinem Inneren aber floss das Wasser weiter – klar, ruhig und lebendig.

‘Guten Tag’, sagte der kleine Prinz. ‘Guten Tag’, sagte der Händler. Er handelte mit höchst wirksamen, durststillenden Pillen. Man schluckt jede Woche eine und spürt überhaupt kein Bedürfnis mehr zu trinken. ‘Warum verkaufst du das?, sagte der Prinz. ‘Das ist eine große Zeitersparnis .. Man erspart dreiundfünfzig Minuten in der Woche.’ ‘Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?’ ‘Man macht damit, was man will.’ ‘Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte,’, sagte der kleine Prinz, ‘würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen …’ (Antoine de Saint Exupéry)

2 Gedanken zu „Der Brunnen im Sand – Spiegel des Lebens“

    1. Liebe Sabine, es freut mich, dass dir die Texte gefallen. Es hat mir viel Spaß gemacht, die Geschichten des Reisenden zu schreiben.

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