Stille und Dunkelheit als Räume der Erkenntnis

‚In der Tiefe der Nacht leuchten die Sterne der Seele.‘ (Khalil Gibran)
Die Sonne war untergegangen, und die Hitze des Tages wich einer Kälte, die durch die Kleidung drang. Das Lagerfeuer glomm schwach, die Schatten wurden länger, bis sie im Dunkel verschwammen. Über der Wüste spannte sich der Himmel wie ein endloses Zelt – übersät mit Sternen, die in eisiger Klarheit funkelten.
‚Ich sagte zu dem Engel, der an der Pforte stand: ‚Gib mir ein Licht, damit ich sicheren Fußes der Ungewissheit entgegen gehen kann! – Aber der Engel antwortete: Geh nur hinein in die Dunkelheit und lege deine Hände in die Hand Gottes. Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg.‘


Der Reisende konnte nicht schlafen. Eine unsichtbare Unruhe trieb ihn aus dem Lager. Leise stieg er die nächste Düne hinauf, der Sand kalt unter seinen Füßen. Oben blieb er stehen, sah hinauf in den Himmel – so viele Sterne, dass es ihn fast schwindelte. Da spürte er, dass er nicht allein war. Ein Beduine saß wenige Schritte entfernt, in seinen Hirtenmantel gehüllt, den Blick ruhig auf die Nacht gerichtet.
‚In dieser tiefen Ruhe, inmitten einer solchen märchenhaften Natur, erwarte ich mein Nachtquartier in der Sahara. In der Andacht solcher Nächte versteht man den Glauben der Araber an eine geheimnisvolle Nacht, in der sich der Himmel öffnet, die Engel zur Erde herabsteigen (…) und alles Unbelebte der Natur sich erhebt, um den Schöpfer anzubeten.‘ (Charles de Foucauld)

„Kannst du nicht schlafen?“, fragte der Beduine leise, ohne sich umzudrehen. „Die Kälte hält mich wach“, antwortete der Reisende. „Und die Stille. Ich habe das Gefühl, die Welt sei so groß – und ich so klein.“ Der Beduine nickte. „Unter dem kalten Sternenhimmel der Wüste spürt man, wie wenig wichtig man ist. Aber genau das macht sie so groß. Wenn du die Dunkelheit annimmst, erkennst du das Licht, das in dir ist.“
‚Ich wünsche dir, dass dich in der Nacht ein Engel leise berührt, dass er helle Bilder in deine Träume senkt und dich mit den Quellen des Lichts in deiner Seele in Berührung bringt, damit die Zukunft dir mit Freude und Frieden entgegenströmt.‘ (Christa Spilling-Nöker)

Er schwieg kurz, dann fügte er hinzu: „Die Sterne sind wie Gedanken Gottes – sie erinnern uns daran, dass auch das Kleinste seinen Platz hat. Selbst ein Sandkorn fängt das Licht, wenn du genau hinsiehst.“ Der Reisende sah zum Himmel, dann hinab ins Tal, wo das Lager in der Dunkelheit lag. Ein Gefühl von Frieden breitete sich in ihm aus – still, wie der Atem der Nacht.
‚Wer die kalte Nacht der Wüste erträgt, entdeckt das Licht im eigenen Innern. Die Nacht offenbart nicht Leere, sondern Weite – und den Trost, Teil von etwas Unendlichem zu sein.‘
