3. Dezember

Reisegepäck – In der Reduktion liegt die Freiheit

Von der Schönheit des Sonnenuntergangs hinter dem endlosen Sandmeer verblassen alle gewohnten Annehmlichkeiten. Unwillkürlich meldete sich ein leiser Zweifel: Ob nicht vieles, was wir zur Daseinserleichterung zu brauchen glauben, in Wahrheit Ballast ist? Ein Verdacht, der zusehens zur Gewissheit sich verdichtete – und zum Entschluss, etwas von der Einfachheit des Lebens in die Wüste hinüberzuretten in eine Welt, die einem so oft Sand in die Augen streut. (Francois Roche)

Zu Fuß in der Wüste unterwegs zu sein, heißt, sich auf das Allernotwendigste zu beschränken, denn alles muss selbst bzw. von Kamelen getragen werden. Jeder, der schon einmal verreist ist, weiß nur all zu gut: Es ist eine wahre Herausforderung, so zu packen, dass man nichts Überflüssiges mit auf die Reise nimmt. Aus der Fülle unseres Besitzes schöpfen wir im Glauben, all die Dinge unterwegs tatsächlich zu brauchen. Um für jede Gelegenheit auch entsprechend ausgerüstet und gewappnet zu sein. Dabei verlieren wir oft den Blick für das wirklich Notwendige und Wesentliche im Leben. Und nicht selten wird der voll bepackte schwere Koffer oder Rucksack beim Reisen zur Last. Wer in der Wüste überleben will, der darf sich nicht mit unnötigem Ballast beschweren und sollte sich auf das Lebensnotwendige konzentrieren: ‘Wer fröhlich reisen will, muss mit leichtem Gepäck reisen. Das Wesentliche hat meistens kein Gewicht.’ (Antoine de Saint-Exupéry) Nur so kann man die Erfahrung machen, dass ein Reduzieren auf Minimalgepäck kein Verlust an Lebensgefühl darstellt, sondern im Gegenteil etwas Befreiendes in sich birgt. Anlass genug, sich einmal mit der Frage auseinander zu setzen, was einem wirklich wichtig ist im Leben und welches ‘Reisegepäck’ einem eher die Freiheit nimmt. So ab und an lohnt es sich, Entscheidungen zu treffen für das Wesentliche im Leben und all den Ballast abzuwerfen, der einem darin behindern könnte, seinen Lebensweg ‘unbeschwert’ fortzusetzen.

‘Die Wüste erlaubt keinen Kompromiss, sie fordert die klare Entscheidung: für den steinigen Weg, das unaufhörliche Voranschreiten mit möglichst leichtem Gepäck.’
(Ein Einsiedlermönch)

Die Wüste fordert heraus, wir können an dieser Herausforderung zerbrechen; sie kann in uns durch diese Herausforderung aber auch gerade die Überlebenskräfte steigern, uns den Sinn für das Wesentliche im Leben geben, für das Einfache. Niemand muss das Unbekannte fürchten, weil jeder Mensch das erreichen kann, was er will und was er braucht. Wir fürchten uns lediglich vor dem Verlust dessen, was wir besitzen.

Dazu die Geschichte von der blauen Feder:
Eine Legende aus der Wüste erzählt die Geschichte eines Mannes, der in eine andere Oase ziehen wollte. Er begann ein Kamel zu beladen. Er belud es mit Teppichen, seinen Küchengerätschaften, seinen Truhen mit Kleidern – und das Tier ließ es zu. Als sie aufbrachen, fiel dem Mann eine schöne blaue Feder ein, die ihm sein Vater geschenkt hatte. Er holte sie und legte sie auf den Rücken des Kamels. Da brach das Tier zusammen und starb.

Und so ist die Wüste nicht nur ein Ort der Lebensfeindlichkeit, der Verlassenheit, der Orientierungslosigkeit, der Leere – sondern in ihrer Weite, in ihrer Einfachheit stellt sie uns auch in ganz große, wesentliche Lebenszusammenhänge hinein. Die Wüste fordert heraus, wir können an dieser Herausforderung zerbrechen; sie kann in uns durch dies Herausforderung aber auch gerade die Überlebenskräfte steigern, uns den Sinn für das Wesentliche im Leben geben, für das Einfache.

‚Allah hat aus der Wüste alles Überflüssige entfernt,
damit der Mensch erkennen kann,
was wirklich wichtig ist.‘

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