14. Dezember: Das Kamel

‘Während Gott den Menschen aus Tonerde formte, so erzählt man, fielen zwei Klümpchen zu Boden. Aus dem einen wurde eine Dattelpalme, aus dem anderen ein Kamel.’

Kann man die Bedeutung dieser beiden Lebewesen für den Menschen in der Wüste noch deutlicher darstellen als in dieser frommen Legende? Wohl kaum.

Ohne das Kamel, das endlose Wüstenstrecken mit einer einzigen ‘Tankfüllung’ schafft und dem dank seiner hervorragend angepassten Organe kaum ein Sandsturm etwas anhaben kann, gäbe es keine Karawanenstraßen, keinen Handel und keinen kulturellen Austausch. In Nordafrika und Arabien ist das einhöckrige Dromedar heimisch. Die Tiere sind wie geschaffen für das extreme Klima.

Sie können in heißen Trockenzeiten ihre Körpertemperatur auf 46 Grad ansteigen lassen. Dann schwitzen sie weniger und verlieren damit weniger Wasser. Beim Trinken wird das Wasser in den Gewebezellen und im Blutkreislauf abgelagert. Ihre roten Blutkörperchen können sich dabei auf das 240-fache ihres Volumens ausdehnen.

Unterwegs zehren die Tiere an diesem Vorrat und verlieren dabei bis zu einem Viertel ihres Gewichts, ohne Schaden zu nehmen.

So können sie bis zu drei Wochen ohne Wasser auskommen. Werden die Kamele dann an eine Wasserstelle geführt, können sie über 100 Liter Wasser in nur wenigen Minuten trinken. Nach solchen Touren brauchen sie viel Zeit, um sich wieder davon zu erholen.

Als Futter reichen ihnen Gräser, Blätter und sogar Zweige von dornigen Pflanzen. Gibt es eine längere Zeit kein Futter, verbrauchen die Tiere ihre Fettreserven, die sie im Höcker gespeichert haben. Weil Kamele ein dickes, breites Polster aus Horn an ihren Füssen haben, sinken sie im Sand nicht so leicht ein.

Viele Menschen nennen sie Wüstenschiffe, weil sie beim Laufen leicht von einer Seite zur anderen schaukeln.

Bei Sandstürmen können sie sogar ihre Nasenlöcher schließen. Für Nomaden ist das Kamel das wichtigste Haustier und als Reit- und Lasttier unersetzlich. Die kräftigsten Tiere können Lasten bis zu einem Gewicht von 250 kg tragen und in einer Karawane an die 25 km am Tag zurücklegen.

Sein ganzes langes Leben über ist es ein robustes Transportmittel und Lieferant von mineralstoff- und vitaminreicher Milch. Der Dung dient getrocknet als Heizmaterial. Später sichert das Fleisch für Wochen die Ernährung. Die Haut wird zu Gürteln, Taschen und Schuhen verarbeitet und selbst die Haare haben noch hohen Gebrauchswert: Aus ihnen werden wollen, Zeltstoffe und Decken von hoher Qualität hergestellt. Selbst der Kamelmist ist nicht überflüssig, getrocknet wird er als Brennmaterial verwendet.

‚Die seltsamen länglichen Köpfe mit den vorgestreckten Unterlippen und den grossen sanften Augen wiegen sich langsam auf den beweglichen und gestrafften langen Hälsen.‘

(Isabelle Eberhardt, 1877 – 1904)

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